Adaptives Konzept

Luftfahrzeuge müssen intensiven Tests unterzogen werden, um deren Sicherheit im Betrieb zu gewährleisten. Diese Tests sind daher ein integraler Bestandteil von Zulassungsvoraussetzungen. Dazu werden Strukturprüfstände genutzt, um die Leistungsfähigkeit von Teilstrukturen in kontrollierter Umgebung nachzuweisen. Aktuelle Strukturprüfstände weisen dabei nach wie vor Verbesserungspotentiale auf. Das Verbundprojekt AdviLa hat daher zum Ziel, neuartige selbstlernende Prüfstandskonzepte zu entwickeln. Neben der Optimierung von wesentlichen Prüfstandscharakteristika, wie der Aktuatorplatzierung, betrachtet das Projekt neue und adaptive Formen der Ansteuerung und Messdatenauswertung. Gerade der für eine korrekte Ansteuerung notwendige Kalibriervorgang der Prüfstandsaktuatoren bedingt derzeit einen hohen zeitlichen und personellen Aufwand. Da herkömmliche Kalibrierungen im Vorfeld einer Prüfung durchgeführt werden, kann die Ansteuerung darüber hinaus während einer Prüfung nicht selbstständig auf Störungen reagieren. Durch eine kontinuierliche Selbstkalibrierung kann der adaptive Prüfstand seine Ansteuerung auch in solchen Fällen anpassen. Damit ist eine automatische Reaktion auf Abweichungen während des Versuchsablaufs möglich.

Durch die Verwendung einer sehr hohen Anzahl an Aktuatoren und durch die Komplexität des einzustellenden mechanischen Zustands im Prüfling, ist die Kalibrierung beziehungsweise Ansteuerung von Strukturprüfständen nicht trivial. Bei der Aufgabe für ein solches Systemeine kontinuierliche, automatische Kalibrierung zu implementieren, stoßen herkömmliche Methoden an ihre Grenzen. Im Verbundprojekt AdviLa wird daher untersucht, ob moderne Methoden des maschinellen Lernens, wie beispielsweise das Deep Reinforcement Learning, eine Möglichkeit darstellen, den komplexen Kalibrierprozess von Strukturprüfständen zu automatisieren. Ein solcher Lernprozess besteht dabei aus dem Wechsel von Beobachtung des Prüflings und der Ableitung von Steuerungsanweisungen durch ein selbstlernendes Steuersystem, wie in Abbildung 1 skizziert. Die Beobachtung besteht aus einer Messung des mechanischen Zustandes im Prüfling, beispielsweise durch eine optische Dehnungsmessung oder mithilfe von Dehnmessstreifen. Das Steuersystem enthält die Lernkomponente des Konzepts. Durch Training lernt dieses, abhängig vom aktuellen Zustand des Prüflings und dem geforderten Zielzustand, die besten Anweisungen für die Prüfstandsteuerung auszuwählen.

 

Abbildung 1: Funktionsprinzip der adaptiven und selbstlernenden Laststeuerung

Die selbstlernenden Methoden werden dabei mit einem, im Rahmen des Verbundprojekts realisierten, Modellprüfstand entwickelt und prototypisch umgesetzt (Abbildung 2). Dieser nutzt optische Verfahren der Bilderkennung für die Verformungs-und Dehnungsmessung. Mit Hilfe des Modellprüfstands wird weiterhin die Praxistauglichkeit des selbstlernenden Kalibrierprozesses ermittelt und dessen Leistung mit derzeit in der industriellen Praxis verwendeten Kalibriermethoden verglichen.

 

Abbildung 2: Modellprüfstand zur Entwicklung und prototypischen Umsetzung adaptiver selbstlernender Strukturprüfstände